Technik Wirtschaft

Schleppende Digitalisierung in Deutschland – Wieso gerade Estland als Positivbeispiel gilt

In Sachen Digitalisierung kann Deutschland noch einiges lernen. Bereits seit Jahren erledigen die estnischen Behörden ihre Angelegenheiten über das Netz. Mit der kompletten Automatisierung präsentiert der Staat im Baltikum nunmehr den nächsten Fortschritt. Was Deutschland betrifft, zählt der vollständige Einsatz digitaler Wege noch immer zu den utopischen Zielen.

Deutschland hinkt weit hinterher

Als reinste Zukunftsmusik kann man die digitalen Errungenschaften Estlands in unserem Land bezeichnen. Während in Estland bereits 99 Prozent aller staatlichen Verwaltungsvorgänge online mit einem einzigen Ausweisdokument durchgeführt werden können, sind solche Konzepte in Deutschland bestenfalls in Planung. So soll beispielsweise das Beantragen von Ausweispapieren, Führerscheinen oder auch dem Elterngeld nach einheitlichen Standards erst im Jahr 2022 realisiert werden. – Im baltischen Staat ist so etwas längst selbstverständlich.

Paradebeispiel Estland

Schon seit einigen Jahren stellt die baltische Republik ihre Bürgerdienste im Netz zur Verfügung. Es sind kaum noch Behördengänge erforderlich. Die estnische Bevölkerung erledigt ihre Angelegenheiten gemütlich von den eigenen vier Wänden aus. Sie wählt online und unterschreibt auch ihre Mietverträge digital. Die Zahl der möglichen Dienstleistungen per Internet spricht für sich: Über 3.000 Geschäfte mit Unternehmen und Behörden lassen sich digital vornehmen. Für den reibungslosen Ablauf sorgt die sogenannte Bürgerkarte. Sie vereint Ausweisdokument, Versicherungskarte, Krankenkarte, Führerschein und vieles mehr in sich.

Und damit nicht genug: Stetig wächst das Online-Angebot Estlands. Zurzeit wird das antragslose Verfahren Realität. Kürzlich wurden die ersten proaktiven Dienstleistungen in Gang gebracht. Nur wenige Ausnahmen gibt es, die noch nicht online durchgeführt werden können: Aus Gründen der Ethik entschieden sich die estländischen Verantwortlichen gegen die Eheschließung und Scheidung über das Netz. Zudem muss die Bevölkerung persönlich für den Immobilienkauf zum zuständigen Amt und Notar, der die Beglaubigung vornimmt.

Der Zugang zu schnellem Internet ist in Estland obendrein ein Grundrecht. Funklöcher oder schleichende Internetverbindungen kennt man hier längst nicht mehr. Sogar die Gründung einer Firma kann in wenigen Minuten online erfolgen.

Photo by Jaanus Jagomägi on Unsplash

1 Kommentar

Kommentare sind geschlossen.